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Grandmaster Neo_Fluff
Alessandro Stauf

In the world of Dedelia

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Kapitel Zwei "Aufbruch"

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Er befand sich in einem hellen Raum. Es war so hell, dass der Schatten, der plötzlich vor ihm auftauchte, ihn fast mehr blendete als das Licht. Der Schatten wirkte zunächst unförmig, doch als Dust sich anstrengte und die Augen zusammenkniff, nahm der Schatten Gestalt an. Vor ihm stand die Form eines Hirsches mit der Schulterhöhe von etwa 2 Metern und einem Geweih, das von der Form mehr an eine Krone als an ein natürliches Geweih erinnerte. Dust betrachtete das Wesen vor ihm für eine paar Sekunden oder Minuten, er konnte die Zeit nicht einschätzen.

Er wollte gerade seine Hand ausstrecken, als das Wesen seinen Kopf neigte. Zögernd streckte Dust seine Hand aus und wartete, ob irgendwas passieren würde. Als das Wesen in seiner Position verharrte legte Dust seine Hand zwischen die Ansätze des Geweihs. In dem Moment, in dem seine Pfote den Kopf des Wesens berührte, konnte er gerade noch sehen, wie die Augen des Wesens aufleuchteten, bevor mit einem Mal schwitzend in seinem Bett lag.

Es war noch stockdunkel und Dust wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, doch er fühlte sich hellwach. Er öffnete und schloss seine Augen ein paar Mal und für einen Moment konnte er noch den Umriss des Wesens hinter seinen Augenlidern sehen.

Er kletterte aus seinem Bett und schlich zum Fenster, um seine Schwester nicht zu wecken. Als er hinausblickte, konnte er sehen, dass der Himmel bereits heller wurde. Als sich Dust wieder auf sein Bett setzte schloss er seine Augen und versuchte Sinn aus seinem Traum zu machen.

Was war das für ein Wesen? Es sah keiner Art ähnlich, die ich kenne. Hat es mich beobachtet? Es wirkte... intelligent. Er versuchte sich an Details erinnern aber das Einzige, was er vor seinem inneren Auge sah war die riesige Silhouette und das Aufleuchten der Augen, als er das Wesen berührt hatte.

Einige Minuten später hörte er, wie Ash sich regte und aufstand. Er sah zu ihr hinüber und sagt leise: „Na, schon wach?"

„Das könnte ich dich auch fragen. Normalerweise bist du doch immer derjenige, der verschläft", antwortete Ash noch etwas verschlafen.

„Hab schlecht geträumt oder so. Naja, jetzt lohnt es sich wahrscheinlich nicht mehr zu schlafen", sagte Dust und drehte sich vollständig zu seiner Schwester.

Ash setzte sich ebenfalls auf und rieb sich die Augen, gähnte und streckte sich. Dann fragte halb ernst und halb neckisch: „Na bist du aufgeregt kleiner Bruder?"

Dust zog seinen Rucksack unter seinem Bett her, sah seine Schwester an und fragte sagte herausfordernd: „Nur ein kleines Bisschen. Was ist mit dir?"

„Anscheinend nicht ganz so sehr wie du", antwortete sie und beide kicherten.

Etwa eine Stunde später stand die Sonne hoch genug, um etwas Licht auf die Lichtung zu werfen, die Dust seine Heimat nannte. Er und Ash gingen in das Erdgeschoss des Hauses und machten sich dort in der Küche ihr Frühstück. Es war noch früh und so war die einzige andere Person im Raum Flare, der bereits auf einem am Vortag frisch gebackenen Brot am Kauen war.

Als er die beiden sah, winkte er ihnen zu und als sie sich zu ihm setzten sagte er gut gelaunt: „Na sieh an, ihr seid tatsächlich überpünktlich! Dann können wir ja nachher rechtzeitig aufbrechen und nicht zu lange in der Mittagshitze laufen."

„Ich war auch überrascht, dass Dust so früh wach war. Er konnte vor Aufregung wahrscheinlich kaum schlafen", antwortete Ash und kniff ihrem Bruder leicht in die Seite.

„Autsch! Ja so kann man es sagen", sagte Dust, der wieder an seinen seltsamen Traum denken musste.

Sie aßen ihr Frühstück und als sie gerade fertig waren kamen weitere Bewohner von Heimathain in den Raum. Die drei unterhielten sich noch eine Weile, bis Flare irgendwann sagte: „Gut ich glaube es ist an der Zeit. Treffen wir uns am Eingang?"

Dust und Ash nickten und gingen auf ihr Zimmer, um ihre Sachen zu holen.

Als sie ihre Taschen geholt und sich noch mit Wasserschläuchen versorgt hatten, gingen die beiden zu der größten Öffnung im Baumwall. Neben Flare warteten auch Grayhaze, Even und Cloud mit Dust's kleiner Schwester Hope, deren Fellmuster dem von Dust ähnelte, jedoch die schwarze und weiße Körperhälfte vertauscht hatte.

Dust und Ash umarmten ihre Mutter und Schwester und schüttelten Grayhaze die Hand. Der alte Kater sagte mit einem etwas stolzen Unterton: „Nun, passt auf euch auf. Ich will nicht, dass jemand von euch irgendeiner Kreatur des Waldes gefressen wird."

Dust lachte nervös auf, doch der feste Händedruck seines Großvaters gab ihm beruhigte ihn. Er straffte den Rücken, sah Grayhaze in die Augen und sagte so selbstsicher, wie er konnte: „Ich werde dich nicht enttäuschen! Was auch immer in der Lieferung ist, ich werde es bringen!"

„Da habe ich keinen Zweifel dran. Und falls etwas passieren sollte, denk an dein Training. So wie du unsere Ziele bearbeitet hast, sollte kein Gegner ein Problem darstellen", antwortete Grayhaze und klopfte seinem Enkel auf die Schulter.

Dust grinste breit und wollte losgehen, als Even ihn an der Schulter fasste. Dust drehte sich zu ihr um und bevor er reagieren konnte, warf sie sich ihm um den Hals.

„Bitte komm sicher zurück!", sagte sie in seine Schulter hinein.

Etwas verwundert drückte Dust sie für einen Moment und als sie ihn wieder los ließ antwortete er: „Natürlich."

Sie sahen sich einen Moment in die Augen und Dust hätte schwören können, dass Even mit ihrem Gesicht auf ihn zu kam. Doch er hörte seine Schwester pfeifen und ging zu ihr.

„Bereit?", fragte Ash.

Dust nickte und sie winkten den Anwesenden noch einmal, als sie losgingen. Hope lief ihnen noch ein paar Meter hinterher, bevor sie wieder zu ihrer Mutter ging. Dust bemerkte, wie sein Großvater für einen Moment nachdenklich aussah, doch der Gesichtsausdruck verschwand nach einer Sekunde von seinem Gesicht. Auch Even sah etwas nachdenklich aus, doch Dust fand ihr Verhalten der letzten Tage sowieso seltsam.

Als das Dorf zwischen den Bäumen verschwand sagte Flare belustigt: „Sie steht voll auf dich!"

„Was- Wer?", stammelte Dust etwas aus dem Konzept gerissen.

Flare und Ash tauschten einen Blick aus und diesmal sagte Ash: „Na wer wohl? Diejenige, die sich nicht wirklich unauffällig an dich ranmacht!"

Dust runzelte kurz die Stirn, doch dann kam es zu ihm. „Even?! Ach was, sie ist doch nur nett zu mir", sagte er langsam.

Ash und Flare lachten gleichzeitig auf. „Ja klar und was meinst du, was das eben gerade war?", lachte Flare.

Dust musste kurz überlegen und dann vergrub er sein Gesicht in den Händen. „Sie hat versucht... Ah ich bin ein Idiot!", stöhnte er und musste ein Lachen unterdrücken, als er den Kopf in den Nacken warf.

„Ist doch nicht schlimm Bruder", sagte Ash immer noch lachend und schubste ihn an, „Und, wirst du die Chance nutzen?"

Dust rieb sich verlegen den Hinterkopf und sah zu Boden. „Naja ich weiß nicht. I-ich meine sie ist nett und so aber...", er verstummte.

„Ach keine Sorge. Es gibt noch viele Felinae, also überstürze nichts. Ich meine mein Bruder ist auch erst mit 24 Jahren mit seinem jetzigen Mann zusammengekommen", saget Flare und legte Dust eine Hand auf die Schulter.

„Also hast du noch vier Jahre Zeit", kicherte Ash.

„Sehr lustig. Also hast du noch zwei Jahre Schwester", stichelte Dust mit einem Seitenblick zu seiner Schwester.

Ash pfiff anerkennend und antwortete übertrieben: „Nicht schlecht. Hoffentlich bist du mit der Klinge so gut, wie mit den Worten."

„Apropos Klinge", warf Flare ein, „freut ihr euch schon?"

Dust sah ihn fragend an und war noch mehr verwirrt als er sah, dass seine Schwester scheinbar wusste, wovon der schwarz-weiße Kater sprach.

„Oh er hat es dir also nicht gesagt", bemerkte Flare, als er Dusts Gesichtsausdruck sah. „Die Lieferung, die wir abholen. Das sind Schwerter für euch und ein paar Andere im Dorf."

Jetzt wusste auch Dust, wovon die beiden sprachen. Wenn Felinae in ihrem Stamm ihre Grundausbildung abschlossen, dann bekamen sie ihr eigenes Schwert nach traditioneller Bauweise der Felinae und mit dem Namen des Besitzers auf der Parierstange eingraviert.

„Bedeutet das, dass ich fertig mit der Ausbildung bin?", fragte Dust aufgeregt.

„Naja du hast noch keine Abschlussprüfung bekommen. Also kann es sehr gut sein, dass deine Klinge nicht dabei ist", antwortete Ash nachdenklich.

„Ach ja stimmt", sagte Dust etwas niedergeschlagen. Er erinnerte sich an den Adler, den Ash im Flug abgeschossen hatte und noch mehr an die Sichelkralle, eine etwa zwei Meter große zweibeinige Raubechse, die sein Bruder erlegt hatte.

Ash schien das bemerkt zu haben denn sie sagte in ihrem beruhigenden Ton: „Aber so wie ich Großvater kenne, hat er sich bestimmt etwas einfallen gelassen. Warten wir einfach ab, bis wir die Lieferung haben und dann sehen wir ja, ob du auch eines bekommst."

Sie gingen eine Weile stumm weiter, bis Dust etwas auf dem Weg vor ihnen bemerkte. Er ging zu einem aufgewühlten Fleck Erde, der auf den ersten Blick wie normale Spuren von Wildwechsel aussahen. Doch statt den Spuren von Wildschweinen oder Hirschen handelte es sich um die Spuren von etwas anderem.

„Was ist das? Habt ihr sowas schon mal gesehen?", fragte Dust über seine Schulter.

Auch Ash und Flare knieten sich um die Stelle und untersuchten den Boden.

„Sieht aus wie Kampfspuren. Ist das ein Wolf? Aber es ist zu groß dafür", rätselte Ash.

„Dann wäre hier Blut. Außerdem sind das hier menschliche Spuren" Flare deutete auf einen Abdruck, der eindeutig von einem Menschen stammte.

„Was auch immer dieses Tier ist. Es ist... so groß wie wir", stellte Dust erschrocken fest, als er die Größe der Pfotenabdrücke mit seinen Eigenen verglich. Er stand auf und versuchte die Fährte des Tieres zu verfolgen, was ihm zunächst nicht schwerfiel, da es auf seinem Weg genug Zweige abgeknickt und Pflanzen platt getreten hatte.

Doch bald schon verlief sich die Fährte an einer lichteren Stelle des Waldes. Dust fluchte und kehrte zu Ash und Flare. „Nichts! Die Fährte verläuft sich leider", gab er frustriert zu wissen.

„Ich hab die menschliche Fährte verfolgt, aber sie führt auch zu nichts", antwortete Flare ebenso frustriert.

Ash sah sich noch einmal die Stelle auf dem Boden an und sagte dann: „Hoffen wir einfach, dass der Person nichts passiert ist. Ich würde das auch lieber weiter untersuchen, aber wir müssen weiter, sonst kommen wir nicht rechtzeitig an."

„Du hast Recht. Lass uns gehen", stimmte Flare ihr zu und die drei gingen weiter durch den Wald.

Dust sah noch einmal hinter sich auf den aufgewühlten Boden und dachte, So große Wölfe gibt es nicht. Und was ist mit dem Menschen passiert? Das passt nicht zusammen.

„Ich habe von Wesen gehört, die so ähnlich wie wir sind, aber mehr wie Wildhunde oder Hyänen aussehen", unterbrach Flare ihn bei seinen Gedanken.

Ash schüttelte den Kopf und antwortete: „Ja aber die leben viel zu weit östlich von hier und bewegen sich nur in Gruppen."

„Vielleicht war es nur ein sehr großer Wolf und der Mensch konnte ihn verscheuchen, ohne verletzt zu werden", überlegte Dust, doch er merkte selbst, dass das nicht stimmen konnte.

Sie gingen noch etwa zwei Stunden weiter, bis Flare sagte: „Na gut. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich habe Hunger!"

Ash und Dust nickten zustimmend und so setzten sie sich auf einen umgefallenen Baum in der Nähe, wo sie eine Kleinigkeit aßen.

„Das nächste Mal, wenn ich in Woodford bin, frage ich nach, ob jemand vermisst wird", sagte Flare mit vollem Mund, „das ist zumindest die näheste menschliche Siedlung vor dem Wald."

„Aber warum läuft jemand alleine so weit in den Wald und das auch noch abseits der Wege?", grübelte Dust über dem Brot, das er gerade aß.

Ash zuckte mit den Schultern. „Wäre nicht der erste selbsternannte Abenteurer, der hier im Wald versucht neue Tierarten oder diese alte Elfenstadt zu finden."

Dust hatte auch schon von vielen Leuten gehört, die in der Hoffnung auf Ruhm und Abenteuer den Juwelenwald betraten und nie wieder gesehen wurden. Die meisten von ihnen wurden wahrscheinlich von einer Schreckensechse oder einem Drachen gefressen oder sind einer der anderen unzähligen Gefahren im ewigen Grün zum Opfer gefallen. Er wusste, dass es viele seltsame Dinge in den Tiefen des Waldes gab, aber riesige Wölfe waren ihm neu. Vor allem so nah am Waldrand.

Als sie fertig mit essen waren, packten sie ihre Sachen zusammen und gingen weiter in dieselbe Richtung, wie zuvor.

„Wann sind wir eigentlich in etwa da?", fragte Dust und versuchte nicht nervig zu klingen.

Ash musste kichern und antwortete: „Wenn wir so weiter gehen und nichts dazwischenkommt", sie überlegte kurz, „sollten wir in etwa drei bis vier Stunden am Treffpunkt sein. Da werden wir dann auch unser Nachtlager aufschlagen und morgen hoffentlich die Lieferung entgegennehmen. Wieso fragst du? Du bist doch wohl nicht etwa erschöpft."

„Auf keinen Fall! Ich könnte wahrscheinlich bis morgen früh weitermarschieren!", antwortete Dust selbstsicherer, als er wirklich war. Tatsächlich taten ihm so langsam die Füße weh.

Sie verbrachten die nächsten Stunden damit die unterschiedlichsten und verrücktesten Theorien aufzustellen, was mit dem Menschen und dem Wolf geschehen sei. Dust gefiel besonders die Idee von Flare, dass sich der Mensch in einen Wolf verwandelt hätte, doch ihm war bewusst, dass dies nur durch sehr mächtige Magie möglich wäre, die streng von den mächtigsten Magiern der Welt gehütet wird.

Als es anfing zu dämmern erreichten sie eine Lichtung, auf der die eindeutigen Spuren vieler Lager zu sehen waren. Ash und Flare suchten sich eine Stelle am Rand der Lichtung und begannen ihre kleinen Zelte aufzubauen.

„Kannst du schonmal Brennholz suchen, Bruder? Du kannst dein Zelt hierlassen und wir bauen es auf", sagte Ash von unter der ledernen Plane, aus der ihr Zelt bestand.

Dust legte seinen Rucksack zu den beiden anderen und begab sich ins Unterholz, um nach passenden Stöcken zu suchen, was ihm auch recht schnell gelang.

Als er wieder auf dem Rückweg zum Lager war und den zurückgelegten Weg in seinen Füßen spürte, bemerkte eine Schneise im Gebüsch. Wenn das niemand von uns war, dann war das ein ziemlich großes Tier, dachte er. Er kniete sich hin, um nach Spuren zu suchen, doch statt den paarhufigen Spuren eines Hirsches, die er erwartete, sah er dieselben großen Pfotenabdrücke, wie am Mittag. Diesmal waren sie deutlich besser erhalten, wodurch Dust etwas auffiel, was er bei der anderen Fährte auf die schlechte Erhaltung geschoben hatte.

Eins, zwei, eins, zwei, er zählte mehrmals die einzelnen Spuren, warum sehen die alle wie Hinterpfoten aus? Er ging die Fähre etwas nach und verglich dann die Spuren mit seinen Eigenen. Nur Hinterpfoten. Er läuft nur auf seinen Hinterpfoten, also muss er aufrecht gehen.

Auf einmal kam ihm ein erschreckender Gedanke und er überprüfte die Richtung, in die die Fährte führte. Erleichtert stellte er fest, dass sie von der Lichtung wegführte. Er klemmte das Feuerholz fester unter seinen Arm und eilte zurück zum Lager.

Dort angekommen sah er, dass Flare und Ash gerade damit fertig geworden waren, die drei kleinen Zelte aufzubauen. Erst jetzt merkte er, wie dunkel es mittlerweile geworden war.

Er warf die Äste zwischen die Zelte und sagte aufgeregt: „Ich habe wieder Spuren von diesem Wolf gefunden! Er war hier in der Nähe und er läuft auf zwei Beinen, wie wir!"

Ash und Flare warfen sich einen fragenden Blick zu und Flare antwortete: „Ganz langsam. Wie weit von der Lichtung war das und wie frisch waren die Spuren?"

„Etwa hundert Meter westlich von hier", Dust überlegte kurz, „und die Spuren müssen irgendwann heute entstanden sein."

„Es ist jetzt zu dunkel. Wir müssen heute Nacht besonders Wache halten, falls was auch immer das ist wieder kommt", sagte Ash und begann das Lagerfeuer aufzubauen.

„Und du bist dir ganz sicher bei dem, was du gesehen hast? Wir können uns hier draußen keine Scherze erlauben", sagte Flare zweifelnd zu Dust.

Immer noch aufgebracht und nun etwas empört entgegnete Dust: „Natürlich bin ich mir sicher! Ich kann euch morgen die Spuren zeigen."

„Nun gut, ich übernehme die erste Wache. Danach bist du dran Dust und dann Ash."

Sie nickten sich zu und begannen zu Abend zu essen, wobei sie darauf achteten, dass sie nicht zu viel Licht und Rauch verursachten.

Nach dem Essen legte sich Dust sofort schlafen, um für seine Wache ausgeschlafen genug zu sein.

Er hörte das Knacken im Unterholz und stand sofort auf den Beinen. Dann sah er die Bewegung im Gebüsch direkt vor ihm und wusste, dass das Tier groß sein würde. Sehr groß. Zu groß für ihn allein.

Er wollte die Anderen wecken, doch in dem Moment brachen die Zweige vor ihm auseinander und ein Schatten aus Fell, Zähnen und Krallen sprang auf ihn zu und bevor Dust sich wehren oder fliehen konnte, wurde er von der Kreatur auf den Boden gedrückt. Zwei geweitete Augen schienen ihm direkt in die Seele zu starren, während sich die Fänge immer mehr seinem Hals näherten.

Dust schloss seine Augen, als er plötzlich die Bestie seinen Namen sagen hörte. Es war eine tiefe grollende Stimme, die immer wieder seinen Namen wiederholte.

Mit einem Mal änderte sich die Stimme zu der Stimme von Flare und als Dust seine Augen wieder öffnete befand er sich nicht mehr in den Klauen einer Bestie, sondern in seinem Zelt und Flare steckte seinen Kopf durch die Planen.

„Wach auf, du bist dran mit Wache. Und schlaf bloß nicht ein. Wenn wir von Sichelkrallen gefressen werden, dann komme ich aus dem Jenseits und verfluche dich", sagte der Kater und zwinkerte Dust zu.

Verschlafen setzte Dust sich auf und fragte: „Hast du welche gesehen?"

„Ja ein kleines Rudel. Aber es sind nur diese kleinen Dinger. Die klauen höchstens unser Essen, aber pass trotzdem auf."

„Alles klar, danke Flare", sagte Dust, als er aus dem Zelt kletterte.

„Hast du schlecht geschlafen? Siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen", bemerkte Flare.

Dust strich sich das Fell auf der Seite glatt, auf der er geschlafen hatte und antwortete: „Nur ein schlechter Traum. Ich hab geträumt, dass dieser Wolf oder was auch immer das ist uns angegriffen hat."

Flare legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter und sagte: „Mach dir keine Gedanken. Es gibt eine ganz einfache Erklärung dafür", er gähne kurz, „Ich gehe jetzt schlafen, viel Erfolg Dust."

„Danke und schlaf gut", antwortete Dust und setzte sich auf einen Baumstumpf.

Wie soll ich nur ein guter Jäger werden, wenn ich schon so viel Angst vor irgendeinem Tier habe? dachte er, als er in die Dunkelheit starrte.

Die nächsten Minuten waren ruhig und Dust begann sich zu beruhigen, doch dann hörte er das Gebüsch in seiner Nähe rascheln. Er wollte schon Alarm schlagen, als er ein Geräusch hörte, welches eine Mischung aus dem Schnurren einer Katze und dem Ruf eines Vogels war.

Dust ging zu seinem Rucksack und holte etwas Pökelfleisch heraus. Dann setzte er sich wieder auf den Stumpf und warf etwas von dem Fleisch vor sich auf den Boden. „Na kommt schon, ich tue euch nichts", flüsterte er.

Kurz darauf sprangen vier kleine Wesen in sein Blickfeld und schnupperten an dem Fleisch. Sie waren etwa einen halben Meter hoch, gefiederte Echsen, die in ihrem Körperbau Vögeln ähnelten.

Als sie begannen das Fleisch zu fressen grinste Dust und warf ihnen noch etwas mehr hin. „Ihr seid ja echt klein", sagte er leise. Das bedeutet, dass in der Nähe keine größeren sind. Wenigsten muss ich mir darum keine Sorgen machen.

Er sah den Sichelkrallen noch etwas beim Fressen zu und versank tiefer in Gedanken. Wird mein Schwert bei der Lieferung dabei sein? Nein, ich habe mich noch nicht bewiesen. Aber wenn ich nicht aus dem Wald komme, kann ich Smoke niemals überbieten. Er seufzte und sah zu, wie die Sichelkrallen wieder im Wald verschwanden, als es kein Fleisch mehr gab.

Die nächsten Stunden verbrachte Dust damit, ähnliche Gedanken zu verfolgen und den Waldrand an ihrem Camp abzugehen, immer in der Erwartung von einem rieseigen wolfartigen Monster überfallen zu werden.

Als seine Schicht zu Ende ging, begab er sich zu dem Zelt seiner Schwester, steckte seinen Kopf zwischen die ledernen Bahnen und flüsterte: „Ash, hey Ash. Wach auf, du bist dran."

Von der grau-getigerten Katze kam zunächst nur ein müdes und genervtes Stöhnen, doch als Dust nicht locker lies richtete sie sich aus ihrem Schlafsack auf.

„Du solltest eine ruhige Schicht bekommen, es schleicht sich nur ein Rudel kleiner Sichelkrallen herum"

„Das hoffe ich. Ich bin echt zu müde für irgendwelchen Ärger", antwortete Ash gähnend, als sie aus dem Zelt kletterte.

„Und was wenn dieses Wolf...Ding kommt?"

„Dann wecke ich dich und Flare und zusammen beschaffen wir dem Dorf eine neue Trophäe", sagte Ash zwinkernd, „Und jetzt geh schlafen."

Sie verabschiedeten sich für den Rest der Nacht und kurz darauf legte sich Dust wieder in seinen Schlafsack und schlief recht schnell ein. Es war ein unruhiger Schlaf voller Träume von Wölfen, dem Drang sich zu beweisen, einem leuchtenden hirschartigen Wesen und der Angst davor, zu versagen.

Die meisten dieser Träume hatte er bereits vergessen, bevor er wieder aufgewacht war, aber an einen würde er sich noch Tage später erinnern können.

Dust stand in einem riesigen steinernen Raum oder einer Höhle, er konnte es nicht genau sagen, und blickte in ein Wasserbecken vor sich. Das Wasser war unnatürlich hellblau und schien leicht zu leuchten und kleine Wellen überzogen die Oberfläche. Kleinere Erschütterungen gingen durch den Boden und sorgten dafür, dass das Wasser beinahe an Dust's Füße schwappte. Gerade als er sich fragte, wo er sei, brachen mehrere Lichtstrahlen aus dem Wasser. Zu Dust's Überraschung bannen sie sich zu winden und bewegen wie Beine oder Tentakel. Dust wollte zurückweichen, doch stellte panisch fest, dass er seinen Körper nicht bewegen konnte. In dem Moment erhob sich eine Kugel aus purem Licht aus dem Wasser und Dust sah nur noch weiß. Er schloss seine Augen, doch das Licht war stark genug, um durch seine Lider zu scheinen. Mit einem Mal war es dunkel und er öffnete seine Augen wieder. Um ihn herum gab es nun nichts als Dunkelheit und einen kleinen leuchtenden Punkt. Dieser Punkt kam näher und aus dem Licht schälte sich die Gestalt des riesigen Hirsches, den Dust bereits in der Nacht zuvor gesehen hatte. Er blieb wieder vor Dust stehen und berührte diesen mit seiner Schnauze. Es gab einen Lichtblitz und Dust hörte eine beruhigende Stimme sagen: „Es beginnt erneut. Finde sie und erfülle die Pflicht der Kralle."

Als es wieder dunkel wurde,lag er wieder in seinem Zelt und war am Schwitzen.

 

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